EU-Taxonomie

Die Taxonomie-Verordnung: Kernstück der neuen EU-Nachhaltigkeitsregeln im Finanzsektor

01.

Was ist die EU-Taxonomie?

02.

Welches Ziel verfolgt die EU-Taxonomie Verordnung?

03.

Welche Vorgaben sind im Rahmen der EU-Taxonomie zu erfüllen?

04.

Wie funktioniert die Taxonomie konkret?

05.

Für wen ist die Taxonomie-Verordnung relevant?

06.

Ab wann ist die EU-Taxonomie in der Anwendung verpflichtend?

07.

Was sagen Kritiker zur EU-Taxonomie?

Die EU-Taxonomie gilt als das Kernstück eines umfassenden Aktionsplans, den die Europäische Kommission entwickelt hat, um nachhaltiges Wachstum in der EU zu fördern und zu finanzieren. Diese Taxonomie-Verordnung ist dabei ein verbindliches Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten.

Doch was genau steckt hinter dem sperrigen Begriff Taxonomie für private Investoren? Wen betrifft die Taxonomie-Verordnung? Was kommt mit der EU-Taxonomie auf Unternehmen zu? Und was sagen Kritiker dazu?

Was ist die EU-Taxonomie?

Eine Taxonomie ist zunächst nur ein einheitliches Verfahren, um Objekte nach bestimmten Kriterien zu klassifizieren. Im Kontext zu den Bemühungen der EU, im Rahmen des EU Green Deal bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu wirtschaften und auf den Finanzmärkten Nachhaltigkeitsstandards zu etablieren, gilt die EU-Taxonomie als das entscheidende Instrument. Damit sollen nachhaltige Aktivitäten von Unternehmen nach einem einheitlichen System klassifiziert und dadurch vergleichbar werden.

Als EU-Taxonomie Definition kann folgende Beschreibung von der Webseite der EU-Kommission herangezogen werden:

„Die EU-Taxonomie ist ein solides, wissenschaftsbasiertes Transparenzinstrument für Unternehmen und Investoren. So werden Anleger bei Investitionen in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten, die sich deutlich positiv auf Klima und Umwelt auswirken, künftig von der gleichen Grundlage ausgehen können.“

Welches Ziel verfolgt die EU-Taxonomie Verordnung?

Um das ehrgeizige Ziel der EU zu erreichen, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein, bedarf es geschätzt rund 350 Milliarden Euro an Investitionen. Mit der EU-Taxonomie soll es vor allem privaten Investoren leichter gemacht werden, ihr Geld in umwelt- und klimafreundliche Wirtschaftsbereiche zu investieren. Darüber hinaus soll die Taxonomie auch für die Mitgliedsstaaten in der EU eine wegweisende Orientierung bieten, um von teilweise sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen aus in Richtung Klimaneutralität voranzukommen. Die Taxonomie könnte möglicherweise sogar für die Europäische Zentralbank ein hilfreiches Instrument sein, um unter den vorgegebenen Bedingungen Geld zu verleihen.

Welche Vorgaben sind im Rahmen der EU-Taxonomie zu erfüllen?

Grundsätzlich beruht die Taxonomie-Verordnung auf folgenden sechs Umweltzielen, wobei die ersten beiden die wichtigsten sind:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Schutz und nachhaltige Nutzung von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft
  5. Reduzierung und Vermeidung von Umweltverschmutzung
  6. Wiederherstellung und Schutz von Biodiversität und Ökosystemen
 

Diese sechs Umweltziele bilden die Grundlage für die EU-Taxonomie Verordnung. Darauf aufbauend müssen sämtliche Wirtschaftsaktivitäten, die sich als „ökologisch nachhaltig“ bezeichnen, folgende Vorgaben erfüllen:

  • Die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens müssen einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der oben genannten Umweltziele leisten, ohne eines oder mehrere andere Umweltziele zu beeinträchtigen (DNSH-Prinzip = Do No Significant Harm). Wie sich dieser „wesentliche Beitrag“ definiert, ist in der EU-Taxonomie Anwendung exakt vorgegeben.
  • Die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens müssen unter vorgegebenen Mindestschutzmaßnahmen ausgeführt werden.
  • Die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens müssen die sogenannten technischen Bewertungskriterien erfüllen. Also konkrete, möglichst quantifizierte Richtlinien, wie die Aktivität hinsichtlich ihres Beitrages zu einem der Umweltziele bewertet wird. Diese Kriterien werden auf einer eigens installierten Plattform für nachhaltiges Finanzwesen durch Vertreterinnen und Vertreter aus EU-Institutionen, Unternehmen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft festgelegt.

Wie funktioniert die Taxonomie konkret?

Ein Beispiel verdeutlicht, wie die EU-Taxonomie Anwendung finden kann:

Um die Regularien in den ersten beiden Zielbereichen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel konkret umsetzbar zu machen, hat die EU eine technische Expertengruppe beauftragt. Diese hat 70 Wirtschaftsaktivitäten (zum Beispiel Herstellung von Zement oder Aluminium) in acht Sektoren erfasst, die zusammen rund 93% der europäischen Treibhausemissionen verursachen. Unternehmen können nun bis zu 100 Punkte erhalten – je nachdem, wie sehr ihre eigenen Aktivitäten mit der EU-Taxonomie konform gehen. Mit diesem Punkte-Ranking sollen EU-Bürger und Investoren genaue Informationen darüber erhalten, welche wirtschaftlichen Aktivitäten auch tatsächlich nachhaltig sind. So wiederum sollen Investitionen in nachhaltige Unternehmen gefördert werden.

Für wen ist die Taxonomie-Verordnung relevant?

Die Taxonomie Verordnung verpflichtet Finanzmarktteilnehmende, die Finanzprodukte anbieten – wie etwa große Investmentfondsanbieter – sowie bestimmte große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitenden, wie etwa Banken, Versicherungen oder Genossenschaften zur Rechenschaft. Sie alle müssen einmal pro Jahr eine „nichtfinanzielle Erklärung“ öffentlich zugänglich machen. Dieser Lagebericht ist unabhängig vom Geschäftsbericht und muss die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Umwelt, Soziales und Arbeitnehmerbelange beschreiben. Zudem muss erklärt werden, wie nachhaltig die Geschäftstätigkeiten entsprechend des Klassifizierungssystems der EU-Taxonomie sind. Darüber hinaus ist die Taxonomie-Verordnung für alle EU-Mitgliedsstaaten verbindlich, wenn die Gesetzgebung des jeweiligen Landes eigene, nationale Anforderungen an die ökologische Nachhaltigkeit von den Teilnehmenden an den Finanzmärkten stellt.

Die EU-Taxonomie ist dabei nur eine von mehreren Maßnahmen der EU-Kommission zum Umbau der europäischen Finanzmärkte in Richtung Nachhaltigkeit. Sie steht im engen Zusammenhang mit den regulatorischen Rahmenwerken SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) und der CSR-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting) sowie der Verpflichtung, ein ESG-Reporting zu erstellen. Auch konkrete ESG-Kriterien, mit welchen der Erfolg von ESG-Maßnahmen quantifiziert werden kann, werden in diesem Zusammenhang immer wichtiger.

Mit all diesen neuen Regularien soll es in erster Linie privaten Marktteilnehmern erleichtert werden, die inzwischen unzähligen „nachhaltigen“ Finanzprodukte besser überblicken und beurteilen zu können.

Ab wann ist die EU-Taxonomie in der Anwendung verpflichtend?

Die EU-Taxonomie Verordnung tritt schrittweise in Kraft, da die exakte Definition sämtlicher Bewertungskriterien erst nach und nach festgelegt wird. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick, wann über welches Umweltziel verpflichtend berichtet werden muss:

Umweltziel

Von der EU bekanntgegeben im

Berichtspflicht ab

1. Klimaschutz

April 2021

Januar 2022

2. Anpassung an
den Klimawandel

April 2021

Januar 2022

3. Schutz und nachhaltige
Nutzung von Wasser- und Meeresressourcen

Dezember 2021

Januar 2023

4. Wandel hin
zur Kreislaufwirtschaft

Dezember 2021

Januar 2023

5. Reduzierung
und Vermeidung von Umweltverschmutzung

Dezember 2021

Januar 2023

6. Wiederherstellung
und Schutz von Biodiversität und Ökosystemen

Dezember 2021

Januar 2023

Was sagen Kritiker zur EU-Taxonomie?

Die bisherigen zahlreichen verschiedenen Label für nachhaltige ESG-Investments sollen durch die EU-Taxonomie abgelöst und EU-weit vereinheitlicht werden. Greenwashing, also eigentlich schädliche Produkte, die aber fälschlicherweise als nachhaltig deklariert werden, soll damit nicht mehr möglich sein.

Inzwischen wird allerdings viel Kritik von Wissenschaftlern, Umweltschützern und auch Investoren laut, dass die Taxonomie Anwendung das Greenwashing eher verstärkt als verhindert. Der Grund: Die EU-Kommission hat Anfang Februar 2022 fossiles Gas und Atomkraft in der Taxonomie als „nachhaltig“ klassifiziert. Beide Energiequellen gelten als Brückentechnologien auf dem Weg zur nachhaltigen Energieversorgung. Denn sowohl Atomenergie als auch Gas verursachen weniger Treibhausgase als Kohlekraftwerke. Gaskraftwerke stoßen allerdings Unmengen CO2 aus. Und in Sachen Atomkraft gilt vor allem die Abfall-Entsorgung als sehr problematisch.

Die Kritiker warnen vor einem Etikettenschwindel, der die Glaubwürdigkeit des europäischen Green Deal massiv untergraben und milliardenschwere Fehlinvestitionen in veraltete Technologien lenken würde: Milliarden, die eigentlich dringend für den Aufbau erneuerbarer Energien gebraucht würden.

Mehrere EU-Länder wie Deutschland, Spanien, Österreich, Dänemark und Luxemburg kritisieren grün etikettierte Investitionen in Atomkraft oder Gas oder lehnen sie strikt ab. Möglicherweise kommt es sogar zu Klagen. Es ist aktuell also noch offen, ob die EU-Taxonomie im von der EU-Kommission geplanten Umfang in Kraft treten wird.

EU-Taxonomie in Kürze

Die EU-Taxonomie klassifiziert nachhaltige unternehmerische Aktivitäten. Um als nachhaltige eingestuft zu werden, müssen Ziele, wie Anpassung an den Klimawandel oder Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft berücksichtig werden. Durch die einheitlichen Kritieren für nachhaltiges Wirtschaften in der EU-Taxonomie sollen ESG-Reportings für Investoren und Anleger vergleichbarer werden. Die Taxonomie gilt als das entscheidende Instrument für die Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2050.

Die Berichtspflicht gilt für Anbieter von Finanzprodukten, Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden sowie alle EU-Mitgliedsstaaten mit nationalen Nachhaltigkeitsanforderungen an die Finanzmärkte.

Die Taxonomie Verordnung umfasst sechs Umweltziele, auf die sämtliche unternehmerischen Wirtschaftsaktivitäten aufbauen sollen. Diese sind: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Schutz und nachhaltige Nutzung von Wasser- und Meeresressourcen, Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft, Reduzierung und Vermeidung von Umweltverschmutzung, Wiederherstellung und Schutz von Biodiversität und Ökosystemen.

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